Auftaktveranstaltung mit den Autor:innen der Poetica
Montag, 22.1.2024, 19.00 Uhr
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Universität zu Köln, Aula I + II
Nature Writing, Ecopoetry: Das sind Genre-Begriffe aus der westlichen, genuin angloamerikanischen Literaturtheorie, Suchbegriffe nach einer Lyrik des Anthropozän, die die Eingriffe des Menschen in die Natur widerspiegelt und an die Debatten um den Klimawandel oder das Artensterben anschließt. Die Poetica 9 als Festival für Weltliteratur wird sich dem Verhältnis von Natur, Dichtung und Geschichte widmen und dabei das Suchfeld erweitern, vor allem die globale Vielfalt gegenwärtiger Naturdichtung zeigen, die so unterschiedlichen kulturellen Traditionen und literarischen Formen, auf die Dichter:innen aus England, Griechenland, Iran, Kolumbien, Japan, Nordmazedonien, Schweiz, USA, der Karibik oder Deutschland in ihrer Poesie referieren.
Zum Auftakt der Poetica 9 stellen zehn Autor:innen aus Europa, Asien, Nord-, Mittel- und Südamerika in Kurzlesungen ihre Texte vor und geben im Gespräch mit der Kuratorin Daniela Danz Auskunft zu ihren poetischen Standpunkten. Der Abend wird eröffnet durch ein Grußwort des Rektors der Universität zu Köln, Prof. Dr. Joybrato Mukherjee.
Mit Ali Abdollahi (Iran), Takako Arai (Japan), Camille T. Dungy (USA), Kendel Hippolyte (St. Lucia), Esther Kinsky (Deutschland), Nikola Madžirov (Nordmazedonien), María Paz Guerrero (Kolumbien), Rou Reynolds (Enter Shikari, GB), Liana Sakelliou (Griechenland), Raphael Urweider (Schweiz) sowie der Kuratorin Daniela Danz.
Es lesen und begleiten den Abend musikalisch: Philipp Plessmann mit Yuri Englert und Yvon Jansen.
Der Abend wird von Deutschlandfunk Kultur als Medienpartner aufgezeichnet und am 28. Januar 2024 um 22 Uhr ausgestrahlt.
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Die Veranstaltung findet auf Deutsch und Englisch statt.
Der Eintritt ist frei.
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»What are poets for in times of ecological crisis«
Öffentliche Diskussion mit den Autor:innen der Poetica
Dienstag, 23.1.2024, 14.00 Uhr
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Universität zu Köln, Erich Auerbach Institute for Advanced Studies, Bibliothek
In einer Zeit, in der »Brot und Wein« noch nicht industriell hergestellt wurden, schien für Friedrich Hölderlin, den Dichter der gleichnamigen Elegie, dennoch so viel im Argen, dass er am Sinn der Poesie zweifelte: »Wozu Dichter in dürftiger Zeit?« fragte er, um an anderer Stelle die Antwort zu geben: »Was bleibet aber, stiften die Dichter«. Über die Jahrhunderte hallt diese in Kendel Hippolytes »But the poet’s words will last« nach, freilich nicht so zuversichtlich wie gehofft: »Es werden die Worte der Dichter sein, die über Euch herfallen, in der donnernden Predigt des Bergrutsches, im rächenden Wind, der das Tal hinabflucht, im Knistern der wildgewordenen Sonne.« Kann die Poesie der Natur eine Stimme geben? Woher aber wissen die Dichter:innen, was die Natur spricht, wie hören sie ihr zu, welche Sprache finden sie für sie und reicht dieses Sprechen über die Klage und die Anklage hinaus? Das gemeinsame Nachdenken über diese und weitere Fragen wird von Statements der Dichter:innen eröffnet.
Moderation: Daniela Danz und Kate Rigby
In Kooperation mit Multidisciplinary Environmental Studies in the Humanities (MESH) und dem Erich Auerbach Institute for Advanced Studies.
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Die Veranstaltung findet auf Englisch statt.
Der Eintritt ist frei.
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»We’ll write songs in the dark«
Lesung und Gespräch mit Rou Reynolds (Enter Shikari)
Dienstag, 23.1.2024, 19.00 Uhr
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Kulturkirche Köln Nippes
Dass Lyrics eine politische Bedeutung haben, ist »für uns wie eine zweite Natur, dafür ist Musik da« (Rou Reynolds). Klimawandel und der Raubbau an natürlichen Ressourcen ebenso wie die Kritik am Wirtschaftssystem sind wesentliche Themen in Rou Reynolds Lyrics für die britische Band Enter Shikari. Im Lied Arguing with Thermometers heißt es: »Wieder wird eine Türe zugeschlagen vor des Fortschritts Nase … Na los, Jungs, zurück ans Reißbrett/ Akzeptiert wird nur eine Wende um 180 Grad, holt alles raus.«
Rou Reynolds’ Texte sind kleine wendige Einheiten im Einsatz für eine kollektive Einsicht in die Dringlichkeit zu handeln. In Verbindung mit der Musik Enter Shikaris wirken sie als eine »all inclusive activity«, der es darum geht, einen Impuls zu setzen, um das Schöpferische im Hörenden zu evozieren. Und die der kämpferischen Entschlossenheit der Musik die Verletzlichkeit persönlichen Ausgeliefertseins zur Seite stellt.
Im Gespräch mit Rou Reynolds wird es um den Glauben an die verändernde Kraft von Worten und Musik gehen. Und sicher auch um die Frage, ob das Lied, das uns beschwört, zurück zum Reißbrett zu gehen und neu zu planen, trotzdem ein einsames bleibt, weil es letzten Endes um das Allerpersönlichste geht: »Damit wir nicht in Stücke fallen/ schreiben wir Lieder in der Dunkelheit.«
Moderation: Daniela Danz
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Das Gespräch findet auf Englisch statt.
Eintritt 15/8 EUR
Karten erhalten Sie über den Vorverkauf hier auf der Website und an der Abendkasse.
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»Durchs Dickicht der Ideen – ins Offene sprechen«
Literarische Werkstatt mit Daniela Danz
Mittwoch, 24.1.2024, 10.00 Uhr
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Universität zu Köln, Erich Auerbach Institute for Advanced Studies, Bibliothek
Von der Natur schreiben ist Schreiben vom persönlichen Naturerlebnis, der subjektiven Naturwahrnehmung. Angesichts der Dringlichkeit der Thematik ist es dabei gar nicht so leicht, Gemeinplätze zu vermeiden, sich von ideologischen Phrasen und Agitationen fernzuhalten und über das zu schreiben, was den Kern des Poetischen ausmacht: das so und nicht anders Sagbare zu finden.
Im Rahmen der Poetica 9 wird Studierenden der Universität zu Köln und der Kunsthochschule für Medien die Möglichkeit eröffnet, ihre Texte in einer literarischen Werkstatt vorzustellen und gemeinsam mit den anderen Teilnehmer:innen zu diskutieren. Der Teilnehmer:innenkreis ist auf eingeschriebene Studierende der beiden Hochschulen beschränkt.
Interessent:innen werden gebeten, Textproben (fünf Gedichte oder bis zu zwei Seiten Prosa/Dramatik) einzureichen, die subjektive Momente der Wechselbeziehung von Mensch und Natur thematisieren.
Bitte senden Sie Ihre Texte an Amelie Liebst: .
Bewerbungsfrist ist der 20. Dezember 2023.
In Kooperation mit der Kunsthochschule für Medien Köln und dem Erich Auerbach Insitute for Advanced Studies.
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Die Veranstaltung ist nicht öffentlich.
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»Gestörtes Gelände / Disturbed Lands«
Lesungen und Gespräche mit Camille T. Dungy, Esther Kinsky und María Paz Guerrero
Mittwoch, 24.1.2024, 19.00 Uhr
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FORUM Volkshochschule im Museum am Neumarkt
Drei Kontinente, drei Frauen, drei Perspektiven auf eine Gesellschaft, die Natur teils achtlos, teils mutwillig, teils unfreiwillig vernutzt. Die kolumbianische Dichterin María Paz Guerrero schickt in ihrem Langgedicht God is a Bitch Too einen weiblichen Gott in die menschliche Wüste der Gegenwart, in das Elend zwischen der Zerstörung aller Ressourcen und dem heillosen Wunsch nach einem kleinen Vergnügen, denn große Sprünge kann Gott auch finanziell nicht machen. Camille T. Dungys Texte, gleichermaßen gegenwartsgesättigt, sprechen von den kleinen, doch alles verändernden Einsichten, die sie im Zwiegespräch mit der Natur, beim Graben in der Erde gewinnt. Auch den ihr als afroamerikanische Frau begegnenden Rassismus pariert sie mit der Beobachtung von Sperlingsvögeln vor ihrem Fenster: »Die Grackeln/ […] so hell in ihrer Schwärze, ich bete, dass sie bleiben.« Die deutsche Autorin Esther Kinsky findet im naturkundlichen Begriff des »gestörten Geländes« eine die verschiedenen Positionen umfassende Metapher für das Eingeschriebensein menschlicher Spuren in die Natur und möchte in ihren Gedichten einem eng gefassten Begriff des Nature Writing die Offenheit zurückholen: »schichtwerk aus einem alle namen verschlagenden eingriff in den stand der dinge.«
Moderation: Daniela Danz
Die deutschen Übersetzungen liest Philipp Plessmann.
In Kooperation mit der Volkshochschule Köln.
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Eintritt 12/8 EUR
Die Veranstaltung findet auf Deutsch und Englisch statt.
Karten erhalten Sie über den Vorverkauf hier auf der Website und an der Abendkasse.
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»Lost Words – Lost Worlds«
Öffentliche Diskussion mit den Autor:innen der Poetica
Donnerstag, 25.1.2024, 14.00 Uhr
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Universität zu Köln, Erich Auerbach Institute for Advanced Studies, Bibliothek
In dem prächtig illustrierten Band The Lost Words (2017) beschreibt der britische Autor Robert Macfarlane eine Erfahrung, wie viele sie gemacht haben: das Verschwinden selten gebrauchter Pflanzen- und Tiernamen aus dem Sprachgebrauch. Kendel Hippolyte erzählt von der Frucht »Miwiz«, die keiner seiner Studierenden mehr kannte, und die zu sehen – wie ein Blitz durchfuhr ihn der Gedanke – auch er sich kaum noch erinnerte. Diejenigen, die nie den Gesang der Nachtigallen gehört haben, werden noch aus Gedichten schließen können, wie er sich anhören mag. Was geht verloren, wenn die Kreaturen hinter den Worten nicht mehr zu unserer Lebenswelt gehören, wenn wir uns ihnen nicht mehr verbunden fühlen, da wir keine gemeinsamen Erzählungen mit ihnen teilen? Was geht verloren, wenn wir nicht mehr zwischen Enten und Möwen unterscheiden, wie Camille T. Dungy einen Schlüsselmoment in ihrem Buch Soil (2023) beschreibt? All die Namen landwirtschaftlicher Geräte und Verrichtungen verschwinden mit der Notwendigkeit ihrer Existenz oder ihres Vollzugs, so wie andere Worte für digitale Fertigkeiten entstehen.
Jede:r Autor:in der Poetica 9 wird einen Gegenstand oder ein Bild mitbringen, das er oder sie mit verlorenen Worten, verlorenen Naturerfahrungen verbindet und über die mögliche Rolle der Poesie als Refugium dieser Worte sprechen.
Moderation: Daniela Danz und Kate Rigby
In Kooperation mit Multidisciplinary Environmental Studies in the Humanities (MESH) und dem Erich Auerbach Institute for Advanced Studies.
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Die Veranstaltung findet auf Englisch statt.
Der Eintritt ist frei.
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»Warst du jemals dort hinter den Blättern«
Lesungen und Gespräche mit Nikola Madžirov, Liana Sakelliou und Raphael Urweider
Donnerstag, 25.1.2024, 19.00 Uhr
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Zentralbibliothek der Stadtbibliothek Köln
Wenn das Feuer ins Gedicht bricht, wenn die physische Erfahrung der Hitze, des Rauchs sich zwischen Leben und Gedicht schieben, entsteht eine Literatur, die im Innersten an die Natur zurückverwiesen ist. Die Bedrohung der eigenen Existenz ist verwoben mit der Bedrohung dichterischen Sprechens. Liana Sakelliou webt in eine Liebesgeschichte den Schrecken der Waldbrände ein, die ihre Heimat verwüsteten – Momente, in denen die Realität des Feuers das Geschriebene zu verzehren droht. Dennoch: Poesie behauptet den Aufenthalt hinter Blättern. Nikola Madžirovs Gedichte sind Zeugnisse des poetischen Sprechens von Verlusten, den inneren Erschütterungen, die ein Erdbeben und die gesellschaftlichen Umbrüche in seiner Heimat hinterließen. Sie betten das Unerhörte, das geschieht, in all die Ungeheuerlichkeiten anderer Zeiten ein und sind dennoch leise Zeugnisse des Muts der Zeitgenossenschaft und des Trotzes einer nicht erklärbaren Zuversicht. Auch Raphael Urweiders neue Gedichte verlieren, so klar sie von Momenten der Verzweiflung sprechen, nicht jene Leichtigkeit, die das Spiel mit der Sprache zu erzeugen vermag. Seine Verse legen Fährten und verwischen sie – in einem Wald, der wie in einem Vexierspiel zugleich Metapher und Naturraum ist.
Moderation: Daniela Danz
Die deutschen Übersetzungen liest Philipp Plessmann.
In Kooperation mit der Stadtbibliothek Köln.
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Die Veranstaltung findet auf Deutsch und Englisch statt.
Eintritt 12/8 EUR
Karten erhalten Sie über den Vorverkauf hier auf der Website und an der Abendkasse.
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»Earth will erupt in a Conspiracy of Poetry and Nature«
Lesungen und Gespräche mit Ali Abdollahi, Takako Arai und Kendel Hippolyte
Freitag, 26.1.2024, 19.00 Uhr
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Filmforum im Museum Ludwig
»Sturm, oh Sturm/ bin selbst ein Sturm«, in der langen Tradition persischer Naturlyrik stehend, lesen sich die Verse Ali Abdollahis wie Kassiber einer traurigen Wahrheit, die von einer Aktualität an die andere weitergereicht wird. Vor dem Hintergrund der Unfreiheit einer ganzen Bevölkerung erscheint die Wut der Bauern auf eine korrupte Regierung, die den existenzbedrohenden Folgen des Klimawandels nichts entgegensetzt, als nur eine von vielen Kampfzonen. – »Am Morgen zählen wir die Toten/ In der Zeitung, im Krankenhaus, auf den Straßen/ Am Strand, unter den Trümmern, die einmal Häuser waren/ Wir brauchen deinen Geistertanz, Amenouzume« – Takako Arais Verse aus ihrem Gedicht »Gib uns Morgen« bringen uns ans andere Ende der Welt: Fukushima nach der nuklearen Katastrophe von 2011. Die Anrufung der japanischen Göttin Amenouzume, mit ihrem rituellen Tanz ein Morgen zu geben, um die Toten zu zählen, ist der Versuch eines poetisch-religiösen Verstehens. Zugleich eröffnet sich hier ein Resonanzraum zu Kendel Hippolytes Vorstellung einer beseelten Natur, der die globale Erwärmung Gewalt antut, wie man sie keiner Mutter, als die er die Erde anspricht, antun würde. Seine Gedichte sind ein ebenso berührendes wie aufrüttelndes Sprechen von den sichtbaren Bedrohungen seiner karibischen Heimat, der er durch die Poesie eine andere Zukunft geben möchte: »re-write/ this island/ I-land.«
Moderation: Daniela Danz
Die deutschen Übersetzungen liest Yuri Englert.
In Kooperation mit der Kunsthochschule für Medien Köln und dem Literaturhaus Köln.
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Die Veranstaltung findet auf Deutsch und Englisch statt.
Eintritt 12/8/6 EUR
Karten erhalten Sie über den Vorverkauf des Literaturhauses Köln und an der Abendkasse.
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»Die Unruhe der Welt wird mit uns sein«
Poetry meets Scenery
Samstag, 27.1.2024, 20.00 Uhr
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Schauspiel Köln, Depot 2
Am letzten Abend, der noch einmal die Autor:innen der Poetica 9 zusammenbringt, sollen die Stimmen dieses Chors »nach der Natur« zu hören sein, verbunden in einer Inszenierung, die die Natur ins Innere des Theaters lockt. Und die Zusammenhänge hervortreten lässt zwischen Gedichten über das bedrohte Inselparadies der Karibik und die Bedrohung durch die japanische Nuklearindustrie, über das Graben in der Erde und das Weinen über die Trockenheit, über den Versuch, eine Sprache für das eigene Verhältnis zur Natur zu finden, die über die alltägliche Verständigung hinausgeht. All das in der Hoffnung, dass ein Echo nachhallt, das uns anders zurücklässt als wir in dieses Gespräch hineingingen.
Mit den Autor:innen Ali Abdollahi (Iran), Takako Arai (Japan), Camille T. Dungy (USA), Kendel Hippolyte (St. Lucia), Esther Kinsky (Deutschland), Nikola Madžirov (Nordmazedonien), María Paz Guerrero (Kolumbien), Liana Sakelliou (Griechenland), Raphael Urweider (Schweiz) sowie der Kuratorin Daniela Danz (Deutschland) und den Schauspieler:innen Yuri Englert, Yvon Jansen, Justus Maier, Philipp Plessmann und Brit Purwin.
Regie: Philipp Plessmann; Bühne: Katrin Lehmacher; Kostüme: Han Lai; Dramaturgie: Sarah Lorenz.
In Kooperation mit dem Schauspiel Köln.
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Eintritt 16/8 EUR
Karten erhalten Sie auf der Website des Schauspiel Köln und an der Abendkasse.