Festival für Weltliteratur
9.–14.1.2017 – Köln

›Die Seele und ihre Sprachen‹

Es gibt Senf immer nur dann,
wenn er Ihnen in die Nase steigt.

Jacques Lacan

Nur der Dichter verkauft seine Seele,
um sie vom Körper, den er liebt, zu trennen.

Tomaž Šalamun

 

Sitzt die Seele im Gehirn, im Herzen, im Atem, in den Nerven? Die Stoiker hielten sie für einen Oktopus, antike Ärzte attestierten ihr eine paradoxale Zusammensetzung: Sie sei aus dem feuchtesten Feuer und dem trockensten Wasser zusammengesetzt. Wer von der Seele reden, sich etwas von der Seele reden will, der muss zunächst seine Sprache ändern. So viel scheint gewiss. Die Seele ist – die Psychoanalyse hat es uns gelehrt – zunächst eine Figur der Rede. In den Pathologien der Gegenwart trifft man die Seele meist lediglich als Bezeichnung für den diffusen Ort der Krankheit an. Seelische Krankheiten erscheinen da als negative Bestimmungen der Seele selbst.

Die Seele, vielleicht macht sie sich vor allem dort bemerkbar, wo sie fehlt. Ist sie also – mit Immanuel Kant – eine regulative Idee, die ihrem Wesen nach keine fixe Repräsentation kennen kann? Man will ja gerne nach der Seele fragen, aber kann man sie auch sagen? Hier kommt die Poesie ins Spiel.

›Die Seele und ihre Sprachen‹ lautet das Thema der Poetica III, des dritten Festivals für Weltliteratur, das das Internationale Kolleg Morphomata der Universität zu Köln gemeinsam mit der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung vom 9. bis 14. Januar 2017 in Köln veranstaltet. Kuratorin der Poetica III ist die Dichterin und Essayistin Monika Rinck. Sie hat Autoren aus vier Kontinenten und neun Ländern eingeladen und sie gebeten, sich den Fragen nach der Seele, nach ihren Sprachen und Konzeptionen auf ihre je eigene Weise anzunehmen, in nachmittäglichen Diskussionsforen und bei abendlichen Lesungen, bei denen sich Sprachkunst, Stimme, Atem, Rhythmus und Belebung im Ereignis des Gedichts verkörpern. Die Poetica wird an verschiedenen Orten in Köln stattfinden: in der Universität, der Stadtbibliothek, im Literaturhaus, im Sancta-Clara-Keller, im Schauspiel Köln und im Wallraf-Richartz-Museum. Alle Veranstaltungen sind öffentlich.

Eingeladen sind die Autoren Javier Bello aus Chile, Michael Donhauser aus Österreich, Nurduran Duman aus der Türkei, Maricela Guerrero aus Mexiko, Gila Lustiger aus Deutschland/Frankreich, Angelika Meier aus Deutschland, Zeruya Shalev aus Israel, Eleni Sikelianos aus den USA, Galsan Tschinag aus der Mongolei, Stefan Weidner aus Deutschland, die Musiker Chris Fesch, Michael Schmidt und Franz Tröger sowie der Religionswissenschaftler Lorenz Wilkens.

Alle grammatisch männlichen Formen in diesem und den anderen Texten auf der Homepage beziehen sich gleichermaßen auf weibliche und männliche Personen.